Frau Lunemann, warum kommen Frauen zu Ihnen? Was macht den Frauen Angst? Sind das körperliche Veränderungen? Oder die Angst vor der Verantwortung in dem neuen Leben mit Baby?
Das ist ganz unterschiedlich. Ein Teil der Frauen, die zu mir kommen, hat entweder traumatische Geburten, einen ungeplanten Kaiserschnitt oder andere Komplikationen erfahren, die verstörend für sie waren. Manchmal haben sie in ihrer Geschichte bereits Depressionen erlebt. Andere wiederum leiden unter einem anhaltenden Stimmungstief und finden nicht so recht hinaus. Die Frauen, die zu mir kommen, wünschen sich eine Stütze an ihrer Seite, die ihnen hilft, die Belastung besser aufzufangen und sie vor einer Überforderung mit der neuen Situation zu schützen.
Wenn der Geburtsverlauf gut war und auch kein starker Babyblues auftrat, kann es im ersten Jahr mit Baby trotzdem noch Krisen geben?
Ja, denn das Mutterwerden bringt große Veränderungen im Leben mit sich. Darüber sind sich Frauen – vor allem beim ersten Kind – oft nicht im Klaren. Gerade wenn der frischgebackene Vater dann nach den ersten Wochen zu Hause im Wochenbett wieder arbeiten muss und die Mutter fortan die ganze Verantwortung trägt, tritt schnell eine Überforderung mit der neuen Situation auf.
... auch weil der Alltag mit Baby plötzlich ganz anders ist als gewohnt?
Ganz genau. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Klientinnen oft gut ausgebildete Frauen sind, die dank viel Arbeit und Fleiß auf der Karriereleiter weit oben standen, ihren Job „im Griff“ hatten und generell eine sehr gute Struktur in ihrem Leben haben. Wenn sie ein Baby
bekommen, stecken sie sich neue Ziele, die sie gewohnt konsequent verfolgen und zielsicher erreichen wollen. Nach der Geburt tun sie sich häufig schwer mit dem neuen, tendenziell chaotischen Alltag. Sie fühlen sich aus ihrer bekannten Struktur herausgerissen und wissen plötzlich nicht mehr, welche Schritte sie als nächstes gehen müssen. Vorher in sicherem Terrain unterwegs, finden sie sich plötzlich auf wackeligem Boden wieder. Die Folge: emotionale „Vulkanausbrüche“, Unsicherheit und das Gefühl, dass es einen verrückt macht. Ich sage dann immer: Was „ver-rückt” ist, kann man auch wieder „gerade-rücken”.
Haben Sie den Eindruck, dass Mütter sich häufig mit dem Anspruch überfordern, alles perfekt machen zu wollen?
Da spielt auch eine gewisse, gesellschaftliche Erwartungshaltung mit rein: Wenn das Baby da ist, neigt das Umfeld dazu, anzunehmen, dass die Mutter nun überglücklich sei. Dabei spielen die Gefühle – und tatsächlich auch die Hormone – nach der Geburt Achterbahn! Das ist eine oftmals
sehr stressige Situation für die Mütter: dem eigenen und dem gesellschaftlichen Anspruch gerecht zu werden. Wenn das Baby dann nicht so „funktioniert” wie erwartet, kommt weiterer Stress dazu. Schließlich birgt ein Alltag mit Baby immer wieder Unwägbarkeiten. Hier gibt es einfach kein Patentrezept. Vielen Müttern macht das zu schaffen.
Ist es für Mamas eine große Überwindung nach Hilfe zu fragen?
Ja, das erlebe ich so. Bei vielen entlädt sich der Druck zunächst in Tränen, wenn wir das erste Mal miteinander sprechen. Mein Gefühl ist, dass viel mehr Frauen sich eingestehen müssten und dürfen, dass es ganz normal ist, sich in einer Phase, in der sie überfordert und überlastet sind, Unterstützung zu holen. Und hier setze ich mit MamasNest an: Mit individueller und qualifizierter Beratung nehme ich so den Druck von den Schultern. Ich gebe Methoden und Übungen an die Hand, um die neuen Aufgaben und Herausforderungen in kleinen Schritten zu bewältigen.
Diese Beratung ist sehr persönlich und findet daher immer nur unter vier beziehungsweise – wenn der Partner dabei ist – sechs Augen statt. Wir können es auch Impulsberatung oder Kurzzeitberatung nennen. Denn das Gute ist: Nach rund einem Jahr hat sich häufig eine Routine entwickelt und der neue Alltag geht schon viel leichter von der Hand.